von Philipp Sonntag | Schriftsteller
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Frieden ist mehr Zuwendung (Talkshow 3224)
 
Copyright by Sonny Sonntag (sonnyart@freenet.de)

Vierspürig von Phila upgeloaded aus dem Jahre 3.224 n. Chr. – das ist, wie es jeder aktive Zeitmaschinen-Navigator gerne bestätigen wird, rund fünfhundert Jahre nach dem Ende des finsteren Mittelalters; es wurde zum downloaden bereitgestellt für allerlei Gegenwarten, vor und nach 3224.
Früher: „Talkshow“, mit KI = künstlicher Innovation, für das Fernsehen.

Moderatorin Monika / Fernspüren, Planet Erde (FPE)
Rabenaas / Rabulist
Lord Sokolow / Rüstungskontrolleur
Al schnucki ben hacki ibn kabelsalat / c-base


Monika: Moment mal, so können wir nicht anfangen (zeigt auf einen Hund).


Rabenaas: Was denn?

Monika: Ist das Ihr Hund?

Rabenaas: Der tut nichts.

Monika: So? Der sieht aus wie ein Kampfhund.

Rabenaas: Soll er doch. Ist aber ganz friedlich.

Monika: Friedlich? Eher knurrig, ein Monster.

Rabenaas: Ach was, der will nur mit Ihren Knochen spielen.

Monika: Mir reicht’s jetzt, ich hole die Friedenspolizei.

Rabenaas: Wozu? Seine Friedenstablette hat er längst gefressen, wie jeden morgen.

Monika: Wie, was jetzt?

Rabenaas: Er schluckt als erstes sein Valium. Frieden, das ist heute längst mehr – na eben so von Innen.

Monika: Ach, wie bei den letzten Soldaten?

Rabenaas: Na klar. Hübsch zu sehen in alten Operetten, mit kreischenden Opernsängern und -sängerinnen, die ersterbend auf der Bühne zusammensinken.

Monika: Längst vorbei. Wir haben eine Weltinnenpolitik. Da genügt eine mütterliche Friedenspolizei. Und längst ist in unseren Spür-Shows weit mehr Frieden als früher.


Rabenaas: Friedliebende Menschen mögen sowas – aber, sind wir schon auf Sendung?

Monika: Huch, ja stimmt, ach je, das gibt mir – ich bin eine Schülerin der Friedlichkeitsschule Hellersdorf – also, das gibt mir jetzt Gelegenheit, unsere Zuschauer zum Thema „Frieden ist mehr Zuwendung" zu begrüßen und meine Teilnehmer vorzustellen: Rabenaas, der marxistisch-orthodoxe Rabulist. Ich frage
jeden erst mal, was für eine Zuwendung?

Rabenaas: Frieden ist gezähmte Gier.

Monika: Und ich begrüße Lord Sokolow aus der Ukraine, Historiker der Rüstungskontrolle; also, gezähmte Gier, eine Gratwanderung?

Lord Sokolow: Das war nur eine Vorübung. Wirklicher Frieden gelang erst mit fürsorglicher Zuwendung.

Monika: Fürsorglich?

Lord Sokolow: Ja, weil damals hätte jeder mehr Liebe vertragen, als er bekam und jeder hätte mehr Liebe geben können, als er los wurde. Passt doch! Als es endlich einer merkte, startete ein Abrüstungswettlauf.

Monika: Und ich begrüße die Wandlerin aller Gesellschaften, unsere Al schnucki ben hacki ibn Kabelsalat, aus dem UFO der c-base Berlin. Echter Frieden, nach Jahrtausenden voller Krieg, war dieser Frieden  programmiert?

Al schnucki: Ohne Programm läuft nichts, Frieden war und ist viel KE, Künstliche Emotion.

Monika: Aha, mit der menschlichen Emotion war wohl kein Frieden machbar?

Al schnucki: Frieden war beim Menschen vage Sehnsucht, nervöse Träumerei.

Lord Sokolow: Was es gab, war Waffenstillstand. Hin und wieder mal, und immer nur kurz.

Rabenaas: Na, das war doch Stress pur.Sowieso, Frieden aus Überzeugung, sowas konnte sich kaum jemand vorstellen.

Al schnucki: Was Wunder, bei all der Gewalt, all dem Elend damals.

Monika: Schrecklich. Hat das denn niemand diesen Unsinn gemerkt? So eine Sackgasse kann man doch vermeiden.


Lord Sokolow: Leider nein, alle waren da viel Elend und Gewalt einfach gewohnt. Es hat was mit Fressen und Gefressen werden zu tun.


Rabenaas: Tiere sind brauchbar zivilisiert, sie vermeiden unnötige Gewalt. Ganz anders der Mensch. Frieden auf eineem Schlachtfeld kann nicht sein.

Monika: Was war ein Schlachtfeld?

Rabenaas: Da wurden früher die Soldaten geschlachtet.

Monika: Aber doch nicht gefressen!

Rabenaas: Das wird gerade erst erforscht. Unsere Vorfahren hatten, wohl schon vor einer Million Jahre, neue, sozusagen unnatürliche Waffen zusammengebastelt.

Al schnucki: Und immer feinere Rezepte.

Lord Sokolow: Typisch Spät-Kannibalismus. Erst in den letzten paar Jahrtausenden, da gab es lauter Schlachtfelder ohne Recycling.

Monika: Was, nicht mal für Hundefutter?

Al schnucki: Das hätte die Pietät verletzt. Trotz Hunger.

Lord Sokolow: Für Pietät gab es mitten im Krieg diese betulich grausamen Religionen. Waffen wurden gesegnet.

Monika: Bei derart penetranter Gewalt?

Rabenaas: Weil es diese Rüstungsfirmen gab.

Monika: Was war Rüstung, diese rostigen Ritterkostüme?

Lord Sokolow: Alles, was den Krieg wuchtig machte. Eine Ritterrüstung, später schwere Panzerfahrzeuge, mit Ketten fürs Gelände.

Rabenaas: Sowas sollte den Menschen – irgendwie – schützen. Aber die Angriffswaffen, Bomben mit enormer Durchschlagskraft, waren meistens wirksamer.

Monika: Bomben waren doch in China erst nur für Karneval?

Rabenaas: Ja schon, aber sie wurden bald zum perversen Werkzeug, um was kaputt zu machen.

Monika: Wie blöd!

Lord Sokolow: Gar nicht blöd. Man wollte dem anderen was wegnehmen.

Monika: Noch blöder.

Lord Sokolow: Es gab damals nicht alles im Überfluss.

Monika: Nochmal blöder! Unproduktiv, schadet mehr, als es nützen kann.

Al schnucki: Das ahnte man schon damals. Aber bei Knappheit, Hunger, da schien es Sinn zu machen, jemand was wegzunehmen.

Lord Sokolow: Noch dazu meinten die Politiker, der Mensch müsse arbeiten. Erst mit dem Maxi-Lohn war das schnell vorbei. Kein Top-Verdiener bekam mehr als dreimal Mini-Lohn – vorher weit über zehnmal. Der Digitalisierung blieb nichts verborgen. Die Reichen wollten plötzlich, dass der Mini-Lohn anständig ist.

Al schnucki: Das begann, nachdem eine neue, moderne KI all die künstliche Innovation übernommen hatte. Daraufhin kam bald die KE, die einfühlsam künstliche Emotion, die noch dazu Stress auflösen konnte. So übernahm KE nach und nach mit Hilfe von sehr viel Automation fast die gesamte Arbeit. Der Mensch „arbeitete“ bald nur noch Dienstag und Donnerstag von zehn bis zwölf Uhr – wenn er Laune dazu hatte. Der Mensch wurde sorglos kreativ, denn er wurde von einfühlsamen Robotern fürsorglich gefüttert, versorgt, therapiert, verwöhnt – und auch spielerisch und sportlich angeregt. Aber davor hatte es jahrhundertelang echte Knappheit wirklich gegeben.

Monika: Ach so, also das muss man sich erst mal vorstellen.

Rabenaas: Und wegnehmen konnte Spaß machen. Nach der Erstürmung einer mittelalterlichen Burg wurden oft mehr Menschen gezeugt, als vorher umgebracht.

Monika: Ich nenne das Vergewaltigung.

Rabenaas: Man musste sich doch abreagieren, ausagieren – na ja, friedlich wäre anders.

Monika: Von da zum Frieden, wie konnte das gehen?

Rabenaas: Mühsam. Das Militär mitsamt Rüstung kostete mehr, als alles, was man erobern konnte. Das war so absurd, dass niemand den Mut hatte, hinzuschauen und es zu verstehen.

Al schnucki: Stimmt, erst die VBM, die Vertrauen-Bildenden Maßnahmen brachten den Durchbruch.

Monika: Sogar bei Arabern und Israelis? Bei USA und China?

Al schnucki: Na ja, erst mit Ende des Mittelalters. Dabei hatten sogar Historiker um das Jahr 2000 gemeint, das gewalttätige Mittelalter sei schon vorbei.

Monika: Oh je, was brachte die Wende?

Lord Sokolow: Es hatte Unfälle und Anschläge mit Atomwaffen gegeben. Nationale Grenzen verschwanden, es ging nur noch um Gebiete mit mehr oder weniger Radioaktivität.

Monika: Hatten die kalten Krieger denn ein Einsehen?

Lord Sokolow: Die verschwanden mit den Politikern, beide waren wegen der Radioaktivität auf eine Südseeinsel emigriert, ein einsichtiger Tsunami riss sie in die Tiefsee.

Rabenaas: Dort ist Frieden mehr so Friedhof.

Monika: Und von da an vertrugen sich die Bevölkerungen?

Lord Sokolow: Erst mal mühsam. Was so schwer fiel, war die globale „Ein-Kind“ Festlegung, wie vorher schon mal in China. Darunter litten viele, aber nur eine Beschränkung auf eine Milliarde Menschen konnte schließlich das globale Klima einigermaßen retten. Monika: Was half zum Durchbruch?

Al schnucki: Liberale Computer haben die grausame Willkür aus den „Heiligen Schriften“ der Religionen herausgenommen, mitsamt Fundamentalismus.

Monika: Super!

Al schnucki: Ja, die natürliche Religiosität wurde endlich etwas menschlich Gemeinsames.

Rabenaas: Sogar Theologen konnten plötzlich Blasphemie und Offenbarung auseinanderhalten, ich meine richtig ehrlich.

Lord Sokolow: Ja, und genauso locker konnte man Freiheitskämpfer und Terroristen unterscheiden. Der private Terrorismus war Show-Business für die Medien, mit zwar spektakulären, aber in der Summe vergleichsweise geringen Schäden Lange Zeit waren die mehr so privaten Terroristen bei den Medien enorm beliebt. Leser konnten sich gut hineinspüren.

Rabenaas: Weit übertroffen wurde der ganze private Terror laufend vom staatlichem Terror, der viel mehr Unheil anrichtete. Es war harte diplomatische Arbeit gegen starke Waffen-Lobby nötig, bis endlich die kalten Krieger und ihre Geheimdieste verschwanden.

Monika: Darauf hatte man Jahrtausende gewartet? Und wieso gab es dann Frieden?

Rabenaas: Frieden ist ein Naturzustand. Elend war organisatorisch fast immer umständliche Schlamperei. Aber na ja, Krieg war Opium für die Politiker, und Opiumplantage für die Rüstungsindustrie.

Al schnucki: Wegen Israel und Palästina gab es eine „Barenboim Gesellschaft“. Diese Typen konnten sich echten Frieden vorstellen.

Lord Sokolow: Schließlich sogar global.

Monika: Und wo ist die Aggression geblieben?

Rabenaas: Nirgends, Liebesbisse und Computerspiele genügen doch.

Monika: Hm! Trotz den vielen Waffenfetischisten?

Al schnucki: Waffen kamen allesamt aus der Mode. Frieden war mehr so echte Nächstenliebe mit spielerischer Streitkultur. Das wollten alle, und wenn da einer eine Waffe dabei gehabt hätte, ein Spielverderber, also sowas gehörte sich einfach nicht mehr, es wäre allzu peinlich.

Rabenaas: Es wäre genau so, als ob einer bei einem feinen Buffet einfach auf das weiße Tischtuch scheißen würde.

Monika: Igitt! Obwohl, passt schon: Alles außer Frieden wurde nun wirklich als entsetzlich ekelhaft empfunden. Und jeder machte mit?

Al schnucki: Im Prinzip ja – also, nur ein paar besonders blöde Hunde bekommen heute noch vorsorglich eine kontrollierte Dosis Friedenspillen. Menschen schon lange nicht mehr.

Rabenaas: Ja praktisch alle, nicht mal mein Hund würde ... – oh, er ist eingeschlafen.

Monika: Ja, Frieden ist mehr Zuwendung. Zwar auch mal Streit, aber immer füreinander, wie hier bei uns. Ich danke für das gemeinsame Hinspüren – das wir übrigens diesmal auch zum upload in die Vergangenheit, bis zurück ins finstere Mittelalter um das Jahr 2000 freigeben. Wir wollen zeigen, Frieden kann alltäglich
sein, voll von wohlig-wohlwollender Zuwendung, immer füreinander.


@ Philipp Sonntag 2023
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