von Philipp Sonntag | Schriftsteller
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Frage 4: DIKTATUREN

Wie könnte sich die Menschheit von Diktaturen befreien?

Was ist bei Politikern, Juristen und Historikern diese Siegerjustiz? Sind Diktatoren, auch Präsidenten in Demokratien teils krank, auch psychisch? Wie können einige Historiker Fakt und fake derart verwechseln? Könnte KE – künstliche, aber ehrliche Emotion helfen?

Antworten:

4.1  Schuld geben

Ein Reflex ist, dass man nach einem Krieg dem Gegner alle Schuld gibt. Das kann sogar nach einem "kalten Krieg" geschehen.
Zum Zusammenhang von Gefahr und Schuld: Die Struktur der ethischen und diplomatischen Sackgasse ist nicht neu. Bereits 1958 berichtete das Institute for Mediterranean Affairs in New York (siehe Hannah Arendt: Über Palästina, Piper, 2024, S. 31/32) über die Verzweiflung und Ohnmacht der palästinensisch arabischen Flüchtlinge und den dramatischen Handlungsbedarf. Betont wurde:

"Es ist z.B. unerheblich zu erörtern, wer die Schuld an dem gegenwärtigen Schicksal der Flüchtlinge trägt. Das Problem ist das Gleiche, ob sie ihre Heimat verlassen haben, weil die israelischen Streitkräfte sie vertrieben haben, oder ob sie mit den eindringenden arabischen Armeen kooperiert haben oder aus anderen Gründen oder ohne Grund."

Um dies Konsequent umzusetzen hätte man als Mensch auch Entschiedenheit im Umgang mit sich selbst gebraucht (Hermann Hesse: Lektüre für Minuten - Gedanken aus seinen Büchern und Briefen, Auswahl und Nachwort von Volker Michels, suhrkamp, 23. Auflage 2012, Seiten 48 und 76):

"Dass es einfacher ist, im Elend die Schuld bei anderen zu suchen, das weiß auch ich. Dass nirgends eine einseitige Schuld besteht, auch nicht bei diesem Krieg, sondern dass Schuld immer auf beiden Seiten ist, weiß ich ebenfalls. Ich bin jedoch der Meinung, dass das Feststellen von fremder Schuld niemals in der Welt etwas besser macht, weil immer auch eigene Schuld da ist.“; und:

"Stets ist "die Menschheit", d.h. die Majorität der Menschen, gegen die gewesen, die das Gute wollen, denn die Masse ist weder gut noch böse, sie ist vor allem träge und hasst nichts mehr als alle Anrufe, die an ihr Gewissen ergehen."

4.2  Zum deutschen Verständnis von Diktatur

In Deutschland die "zwei Diktaturen", was soll das? Da gab es doch bis 1945 die millionenfach tödliche, totalitäre Nazi-Diktatur. Doch danach gab es die DDR mit rund hundert "Mauertoten" und die BRD mit rund hundert Neo-Nazi Morden (ein demokratischer Staat hätte letztere verhindern müssen); von daher gab es nach 1945 entweder keine Diktatur, oder zwei vergleichsweise milde Diktatur-Merkmale. Die Zukunft ist unklar, auch bei Historikern oft umstritten.

Nach der Wende, meinen viele, da gab es eine Art Siegerjustiz, bei der ein Wort wie Treuhand genau eine gegenteilige Bedeutung annahm. Was fehlt, ist eine real abschließende, gerechte und emotional ehrliche Wiedervereinigung. Jegliche innerliche Wiedervereinigung schier endloser Lügen zu einer halbwegs diplomatisch zivilisierten Wahrheit ist schwer. Noch schwerer ist, so eine mühsam formulierte Wahrheit dann außerdem gemeinsam erfolgreich in Richtung Zivilisation umzusetzen.

Das Risiko einer faschistischen Diktatur wäre in Europa, in USA, grundsätzlich überall mit echter Demokratie jederzeit vermeidbar. Fraglich ist, wieso dies bis 2024 nicht mit Entschiedenheit erreicht wurde.

@ Philipp Sonntag 2024
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