Frage 7: VISIONEN
Gehören künstlerische Visionen zu den besten Vorahnungen von Zivilisation?
Wieso organisieren Wissenschaftler und Politiker zwar machtvoll, aber oft blindlings chaotisch? Haben sie wenig Ahnung, wie man menschliche Zivilisation aufbauen und gestalten könnte? Obwohl sie selbst Menschen sind? Haben Künstler ein feineres Gespür für die Wünsche von Lebewesen aller Art? Wieso lässt die Machtpolitik trotzdem viele Künstler am Rande des Existenzminimums? Ist polarisierende Interessenpolitik eine Krankheit, womöglich durch Bakterien oder Viren?
Sind einige NGOs bereits "Künstler der Diplomatie"? Wie und wieso sträuben sich Machthaber dagegen, mit solchen NGOs mehr Integration und Harmonie zu versuchen? Könnte ehrliche KE (Künstliche Emotion) helfen?
Antworten:
7.1 Die Vielfach-Krisen
Die Bedingungen für ausufernde Gewalt sind weltweit ähnlich wie in Nahost. Über global krasse Leiden berichtet laufend iz3w: Die Schwerpunkte der letzten beiden Hefte 2024 sind: "Die dunkelste Stunde – Genozide" und "Noch reparabel? Die Vielfachkrise". In wieweit sind humanitäre Sackgassen, im Detail vor Ort, "wissenschaftlich nachvollziehbar"? Nur schwer. Da bleibt es auch politisch starr. Aber die Stimmungen von schrecklichen Vorstufen einer Zivilisation können wenigstens künstlerisch angedeutet werden. Zwei Beispiele aus Beobachtungen 1937 und 1924:
Aus Sicht eines Opfers und Vorkämpfers in Richtung Zivilisation: Warlam Schalamov (a. a. O., S. 289), ein Überlebender des sowjetischen Gulag, brachte die Erkenntnis mit:
"4. Ich habe erkannt, dass der Mensch sich am längsten die Erbitterung bewahrt. Das Fleisch an einem hungrigen Menschen reicht nur für die Erbitterung, allem anderen gegenüber ist er gleichgültig."
Das zweite Beispiel, aus Sicht auf alltägliche Täter, sei es im Krieg oder Frieden: Vor hundert Jahren notierte der erbitterte Schriftsteller Kurt Tucholsky (Ausgewählte Werke, S. 277-278) Gepflogenheiten der Polizei. Da wird deutlich, wie unerwünscht üblich zivilisierte Bürger jederzeit werden können:
"Polizei sieht auf dem ganzen Kontinent ungefähr so aus: In einem großen, grauen Gebäude mir unsauberen Korridoren sitzen Männer in Uniformen und unwahrscheinlich staubige Schreiber. Sämtliche Polizeibeamte der mitteleuropäischen Länder haben zuvor ein Examen in Unhöflichkeit abgelegt. Der Polizeibeamte sagt und tut mit unfehlbarem Instinkt das Umständliche, Unerwartete, Schwierigkeiten Bereitende, Pläne Durchkreuzende. Seine Sprache ist rau und grob; dass er nicht sofort haut, liegt am Zeitmangel. Der Bürger, Steuerzahler und Familienvater tritt über die Schwelle mit dem Posten davor und merkt erstaunt, dass er draußen ein ungesetzliches; eigentlich gar nicht gestattetes; allzu freies Dasein geführt hat. …"
7.2 Die Vielfalt der Visionen
Bei künstlerischen Visionen kann allein schon die Andeutung von staatlichen Versäumnissen gefährliche Empörung bei Behörden auslösen. Wachsende Sorge bereiten die ökologischen Schäden. Sie beruhen oft auf gedankenloser Fahrlässigkeit oder gewohnheitsmäßiger Rücksichtslosigkeit. Künstlerisch kann man emotional andeuten, was einem Täter seine Verantwortung nahe bringen könnte. Ein Beispiel ist die Vergabe des Bundesverflixtkreuzes. Es kann jederzeit von jedem Menschen an jeden Menschen vergeben werden.
Auch können kleine alltagsnahe Aufmerksamkeiten zur Einstimmung auf zivilisierte Rücksichtsnahme einstimmen? Etwa die WidumiAnleitung (Wie du mir so ich dir).
Eine andeutungsweise zivilisierte, passend muntere Dosis Frechheit kann aufschlussreich sein. Etwa eine Parodie üblicher Tragik, wie bei Ich fühl‘ mich so schweinsam.
Problematisch kann Satire zu besonders ernsten Themen sein, aber auch populär passend, den sogenannten "einfachen Gemütern" einprägsam vermittelnd, etwa zu faschistischen Phänomenen ein Gedicht Bundesverfassungslos.
Ist stilistisch Spielerisches albern oder aufmunternd oder beides? Mal angenommen, Aliens besuchen uns, was an Literatur dürften und/oder sollten wir ihnen zumuten? Es kann Potenzial und Hoffnung in Richtung Zivilisation andeuten, ein Beispiel: Kultur.
Ich meine, was Erwachsene vielleicht allzu spielerisch nennen, es kann, darf und soll ausgerechnet kindlich sein, denn so kann es gerade die übliche – gesellschaftlich wuchtige – Prägung und Verwirrung von Kindern wiedergeben, unbekümmert, unverfälscht, unmittelbar. Zwei Beispiele, eines zu Ursache, eines zu Auswirkung (Joachim Ringelnatz: Kinderverwirrbuch, NIKOL Verlag, Hamburg 2018, Seiten 98 und 99; erstmals 1931 bei rowohlt):
TEUFELIch bin der von der Hölle entsandteTeufel. – Willkommen ihr Schwefelbande!Ich hoffe, dass ihr lügt, stehlt und recht schlecht seid.Damit ihr mir für die Hölle recht seid.Wo alle Menschen die Böses taten,Von uns gequält werden, dann gebratenDann durchgedreht durch die FleischhackmaschinenUnd ewig so weiter, wie sie es verdienen.DIENSTMÄDCHEN KLOSSBLONDVerehrte Herrschaften, ich suche Stellung.Ich bin das Dienstmädchen Kloßblond aus Meißen.Ich kann allerbeste Zeugnisse aufweisen.Letzte Stellung verließ ich nur wegen SchwellungMeiner Backe. – Ich weiß, warum sie lachen:Ich habe vergessen, einen Knicks zu machen.
Ist dies denn 2024 noch modern? Eigentlich nicht, nur real global doch noch.
Wie sollen/können/mögen Aliens dies verstehen? Als postmoderne Information für transgalaktische Besinnlichkeit, da könnte der Begriff des elementaren ESPÜs "Da spürt sich was" helfen. ESPÜ ist nicht die Seele, nicht ein Nervengeflecht oder Gehirn, nicht der Wille, sowieso nicht die KI. Teil einer ungewissen Herausforderung ist, dass ESPÜs mit anderweitig bekanntem "Kopieren/Einfügen" beliebig vervielfältigt werden können. Diese von der Menschheit noch kaum philosophisch erahnte Komponente von Lebewesen könnte viel vermitteln. So eine Begegnung Tier/Mensch in seelisch-spürfähigen Bereichen. Das deutet sich längs an, siehe zum Beispiel Schurkenstaat Wespennest. Oder eine transgalaktisch feinsinnige Begegnung Alien/Mensch, gemeinsam empfunden wie bei Weltmacht Ich.
Die Realität der beklemmenden Absurditäten lässt für die nahe Zukunft wenig Hoffnung zu. Aber grundsätzlich, gibt es denn wenigstens irgendetwas, das "transgalaktisch gut verstanden" werden könnte?
Wie bekannt, ist Esperanto die einzige für Aliens zumutbare Sprache. Warum eigentlich verwenden Menschen neben Esperanto immer noch andere Sprachen? Diese anderen sind doch umständlich, kompliziert und kaum rational. Einfach weil sie nie zu dauerhaftem Frieden geführt haben! Natürliche Sprachen sind zwar als Kultur und Brauchtum ganz nett, aber in der Politik werden sie immer polarisieren, fast automatisch. Es ist doch unvermeidbar natürlich, dass "natürliche" Sprachen zu Revier-Denken, zu Egoismen führen. Zivilisation gelingt eben nur mit solidarischer, echt friedlicher Humanität!
Diese Notiz nun auf Esperanto:
Mag sein, dass bei vielen Aliens deren Erinnerungskultur aufgewühlt wurde. Auch dort gab es womöglich etliche Abenteuer, bis sie selbst ihre Zivilisation erringen konnten. Vielleicht hatten sie künstlerische Visionen, so wie es manchmal bei Wissenschaftlern gelingt. Ich nenne zwei Beispiele eines vorbildlichen Umgangs mit einer zu zähmenden seelischen Gewalt:
- eine Vision, die Francisco Sabaté, eine Art "Heiliger Bandit" uns schon mal vorgelebt hat
- und Notizen von Carl Friedrich von Weizsäcker, der schon mal präzisiert hat, wie Zivilisation erreicht werden kann/könnte.